Abteilungssitzung Abteilung 15

Veröffentlicht am 09.05.2012 in Abteilung

Am 8. Mai beschäftigte sich die Abteilung 15 mit der Machbarkeit der Rekommunalisierung der Berliner Stromversorgung. Zur der Diskussionsveranstaltung kamen ca. 15 Gäste in die Lounge der GLS-Sprachenschule, moderiert wurde der Abend von der stellvertretenden Abteilungsvorsitzenden Sabine Schneller. Als Referenten konnte die Abteilung Nikolaus Karsten und Dr. Stefan Taschner gewinnen. Nikolaus Karsten ist SPD-Abgeordneter im Abgeordnetenhaus und Mitglied in der AG Daseinsvorsorge. Stefan Taschner leitet die Kampagne Berliner Energietisch, die ein Volksbegehren über die Rekommunalisierung der Stromversorgung anstrebt.

Nikolaus Karsten erläuterte zunächst die Hintergründe der Pläne, das Berliner Stromnetz zu rekommunalisieren. 2014 endet der Konzessionsvertrag mit dem Netzbetreiber Vattenfall. Der neue Konzessionär ab 2015 hat dann Anspruch auf die Überlassung des Stromnetzes für einen angemessenen Kaufpreis, der sich am sog. Ertragswert orientiert. Der Kaufpreis muss also mit dem Stromnetz erwirtschaftet bzw. refinanziert werden können. Vattenfall ist sehr daran interessiert, das Netz zu behalten und spricht von einem Kaufpreis zwischen zwei und drei Mrd. Euro. Einem Gutachten im Auftrag der Senatsverwaltung für Wirtschaft zufolge beträgt der Ertragswert/≈Kaufpreis aber nur schätzungsweise 370 Mio. Euro.

Eine Übernahme des Netzes wäre für Berlin auch wirtschaftlich betrachtet sehr sinnvoll. Der neue Netzbetreiber könnte derzeit zusätzliche Erträge über den Kaufpreis hinaus erhalten, da über die Gewinne, die sich im Ertragswert wieder finden, hinaus der Geldfluss von der Vattenfall Distribution GmbH über die Vattenfall Netzservice GmbH nach Schweden gestoppt und nach Berlin umgelenkt werden kann. Das ist so, als würde man ein Auto mit Goldbarren kaufen aber nur das Auto ohne Goldbarren bezahlen. Dafür braucht Berlin aber auch 100% der Mitarbeiter. Der Geschäftsbericht der Vattenfall Netzservice GmbH ist geheim. Die Übernahme und der Betrieb der Netze ist ein risikoarmes Geschäft, welches aufgrund des fehlenden Durchgriffes der Bundesnetzagentur (Regulierungsbehörde) gerade in den nächsten Jahren Zusatzrenditen weiterhin ermöglicht. Ein schrittweises Einsteigen (etwa wie in Hamburg, wo sich der Senat zu 25,1% an den Netzen beteiligt) lehnt Nikolaus Karsten ab. Da sich der Kaufpreis für 100% des Netzes refinanzieren lässt, sollte es auch um 100% Einfluss gehen. Mit zunehmend greifender Regulierung sinkt die Wirtschaftlichkeit der Netze. Zudem stimmt das Argument gegen die Rekommunalisierung nicht, dass dem Land danach die Einnahmen durch Konzessionsabgaben fehlen würden.

Anschließend erläuterte Stefan Taschner die Argumente der Kampagne Berliner Energietisch. Aus Sorge, dass die Große Koalition die Rekommunalisierung von sich aus nicht ausreichend weit verfolgen wird, strebt der Energietisch dazu ein Volksbegehren (und ggf. einen Volksentscheid im Herbst 2013) an. Das Volksbegehren fordert die Gründung regional tätiger Stadtwerke und den Rückkauf des Stromnetzes mit dem Ziel, die Stromversorgung deutlich ökonomischer, sozialer und demokratischer zu gestalten. Eine Art Vorbild dafür sind die Stadtwerke Sacramento, z.B. gibt es aber auch in München und Stuttgart vielversprechende Ansätze in diese Richtung.

Mit den erwirtschafteten Gewinnen soll die Energiewende unterstützt werden. Z.B. müsste die neue Netzgesellschaft das Stromnetz so umbauen, dass in Zukunft auch viele kleine, dezentrale Anlagen für erneuerbare Energie Teil des Netzes werden können. An der Politik der neuen Netzgesellschaft und der Stadtwerke wären Bürger und Umwelt- und Sozialverbände z.B. über die Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern und ein Initiativrecht beteiligt. Der Berliner Energietisch ist ein parteiunabhängiges Bündnis aus 40 Organisationen. Zudem haben z.B. Linkspartei, die Grünen, die Piratenpartei, die Jusos und die AfA Beschlüsse, gefasst den Energietisch zu unterstützen.

Die Referentin Luise Neumann-Cosel, deren Genossenschaft BürgerEnergie Berlin sich um die neuen Konzessionen für das Stromnetz bewirbt, konnte leider krankheitsbedingt nicht teilnehmen.

Abschließend konnten die beiden Referenten mehrere Nachfragen der Gäste beantworten, z.B. warum die Priorität bei den Strom- und nicht bei den Gasnetzen gesetzt wird, wie der Zeitplan des Energietischs im Detail aussieht und wie sich trotz einer deutlich zurückgefahrenen Förderung 100% erneuerbare Energien erreichen lassen. Ausführlich wurde diskutiert, wie gut die Chancen sind, die Rekommunalisierung gemeinsam mit dem Koalitionspartner CDU anzugehen. Vor allem dem Beharren von Pankower SPD-Politikern ist es zu verdanken, dass im Koalitionsvertrag eine (teilweise) Beteiligung am Stromnetz überhaupt in Betracht gezogen wird. Die CDU würde es z.B. vorziehen, die ökologischen Vorgaben und den regionalen Bezug nur in der Ausschreibung der neuen Konzessionen zu formulieren und ist nicht an den Gewinnen aus dem Netzbetrieb interessiert. Nikolaus Karsten zufolge hat die CDU aber noch keine endgültige Entscheidung zu diesen Fragen getroffen. Die guten Argumente für eine Rekommunalisierung haben hier also weiterhin eine Chance.

Ein ausführlicher Pressespiegel zu dem Thema findet sich unter http://berliner-energietisch.net/presse.

 
 

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