© C. Stehr Selten zuvor haben sich mit dem Beginn einer US-Präsidentschaft so hohe internationale Erwartungen verbunden wie mit der von Barack Obama. Hierum und um die Auswirkungen auf die deutsch-amerikanischen Beziehungen ging es bei der letzten Sitzung der SPD Kollwitzplatz am 10. März 2009 mit dem Lehrbeauftragten für US-Außenpolitik an der Humboldt Universität, Dr. Manfred Stinnes (Bildmitte): Seiner Einschätzung nach stehen wir jetzt am Beginn einer längeren Periode der Dominanz der Demokratischen Partei. Obama finde inzwischen 70% Zustimmung zu seiner Arbeit. Er sei überwiegend von Minderheiten gewählt worden; nun richten auch die weiße Arbeiterklasse und die Gewerkschaften hohe Erwartungen an ihn – z.B. bei der Verlängerung des Arbeitslosengeldes und bei der Reform der Krankenversicherung.
Außenpolitisch wird von Obama ein kooperativeres Vorgehen als von seinem Vorgänger erwartet – namentlich gegenüber als schwierig empfundenen Partnern. Die „ausgestreckte Hand“ gegenüber den islamischen Ländern lasse hoffen. Auch in den Beziehungen zur EU erwartet Manfred Stinnes einen Bruch mit der Bush-Ära. Positiv sei auch die Wiederbelebung der Beziehungen zu Russland auf dem Gebiet der Abrüstung und Nicht-Weiterverbreitung von Atomwaffen.
In der anschließenden Diskussion ging es um den fulminanten Wahlkampf des Obama-Teams mit einem völlig neuartigen Einsatz von Internet und neuen Kommunikationstechniken. Weitere Themen waren das Erstarken der evangelikalen Christen in den USA, die Frage, ob sich ehemalige Regierungsverantwortliche der Bush-Administration vor Gericht werden verantworten müssen, die Schließung von Guantanamo sowie die Zukunft des Afghanistan-Einsatzes. Zu der Frage, ob sich eine Regierung nicht selbst überfordere, wenn sie so viele Dinge gleichzeitig anstoße, blieb Manfred Stinnes optimistisch: Obama habe das Zeug, ein großer Reformpräsident zu werden, sofern diejenigen, die ihn gewählt haben, weiter an ihn glauben und für ihre Sache öffentlichen Druck machen.